Ausgangspunkt

Als im November 2011 bekannt wurde, dass die neonazistische Terrororganisation NSU über viele Jahre hinweg systematisch Morde an Migranten und Migrantinnen hatte begehen können, ohne dass die deutsche Polizei in Richtung des organisierten Rechtsextremismus ermittelt hatte, rief dies großes Entsetzen hervor. In Jena war man zusätzlich bestürzt, weil hier die NSU-Akteure im Jugendalter ihre Sozialisation als Neonazis erfahren hatten. Schließlich existiert gerade in der Universitäts- und Industriestadt Jena seit Jahren ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechts.

Bislang konzentrierten sich die Aktivitäten in diesem Feld auf politische, soziale, psychologische, juristische und Bildungsmaßnahmen. Die ästhetische Dimension spielte dagegen keine Rolle. Der Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Jenaer Kunstverein stellten sich nun gemeinsam die Frage: „Was kann Kunst zu diesem Thema leisten?“

 

Konzept

Die Ausstellung BrandSchutz // Mentalitäten der Intoleranz war so angelegt, dass sie über das übliche Kunstpublikum hinaus ein breiteres Publikum erreichen konnte. Vom 21. September bis zum 17. November 2013 wurden insgesamt 21  künstlerische Positionen an zehn Orten im Zentrum Jenas präsentiert, die leicht und kostenlos zugänglich waren und an denen man womöglich unbeabsichtigt den Werken begegnete. Die Kunst sollte zu den Menschen kommen und nicht umgekehrt – man sollte gewissermaßen über sie „stolpern“. Daher wurden als Ausstellungsorte auch eher kunstferne Räume wie die Sparkasse einbezogen und einige Werke auch im öffentlichen Raum präsentiert, so im Frommannschen Garten und am Uni-Campus Ernst-Abbe-Platz. Hinzu kam ein spektakuläres Kunstprojekt an der Fassade des Stadtspeichers am Marktplatz. Auch der FrommannscheSkulpturenGarten 2013 mit einer Arbeit von Susan Philipsz stand unter dem Motto „BrandSchutz“. So kamen viele Menschen in Jena, die sich nie zuvor mit Gegenwartskunst auseinandergesetzt hatten, in Kontakt mit den Werken. Wer über die zufällige Begegnung mit dem Einzelwerk hinaus eine intensivere Auseinandersetzung suchte, konnte die zehn Ausstellungsorte in einer Art Parcours abzuschreiten.

Begleitet wurde die Ausstellung durch eine Reihe von Themenabenden, eine Filmreihe, Künstlergespräche, ein Requiem für afrikanische Flüchtlinge sowie einen Abendgottesdienst. Es wurden zahlreiche Führungen und Workshops für Erwachsene, Kinder und Jugendliche angeboten und durchgeführt.

Das gesamte Projekt bestand über einen Zeitraum von zehn Monaten.